Andacht Juli 2022

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.


Psalm 42,3

„Du meine Seele, singe, / wohlauf und singe schön / Dem, welchem alle Dinge / zu Dienst und Willen stehn. / Ich will den Herren droben / hier preisen auf der Erd; / Ich will ihn herzlich loben, / solang ich leben wird“ (GL 228; EG 302) hat Paul Gerhardt gedichtet. Er scheint glücklich zu sein, voller Dank und Bewunderung für seinen Schöpfer. „Wer dem sich anvertrauet, / der hat das beste Teil, / Das höchste Gut erlesen, / den schönsten Schatz geliebt; / Sein Herz und ganzes Wesen / bleibt ewig unbetrübt“ dichtet und jubelt Paul Gerhardt, obwohl er doch ein so schweres Schicksal erleiden musste.

Und Gott antwortet: „Wer Dank opfert, der preiset mich, und da ist der Weg, da ich ihm zeige das Heil Gottes“ (Psalm 50, 23). Dem himmlischen Vater gefällt unsere Zustimmung zu seinen Taten. Nicht, dass er darauf angewiesen wäre, nein, ihm kommt es darauf an, dass wir uns bewusst machen, dass wir nur durch ihn und in Beziehung zu ihm wahrhaft leben. So wie König David in seinem Psalm 103: „Lobe den Herrn, meine Seele…“ schildert und in dem er dann eine Fülle von Wohltaten Gottes aufzählt. Er weiß aus eigener Erfahrung, der himmlische Vater weist uns den Weg, den wir im Leben gehen können, ja, gehen sollten.

Was ist eigentlich das, was Paul Gerhardt, was David als „Seele“ bezeichnen? Es hilft, wie stets, in die Bibel zu schauen. Im Schöpfungsbericht des Menschen in 1. Mose 2, 7 lesen wir: „Und Gott der HERR bildete den Menschen, Staub vom Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele.“ So, mit dem Begriff „Seele“ übersetzt die sehr wortgetreue Elberfelder Bibel den hebräischen Urtext, das Wort נֶפֶשׁ „nephesch“. Der Mensch wird erst dadurch, dass Gott ihm den Lebenshauch einbläst zum Menschen, zu einer Einheit von Leib und Seele. Mit der Seele reagiert der Mensch auf alles was ihm auf seinem Lebensweg begegnet, sei es Schönes, sei es Schweres. Sie ist sein „Wesen“.

Am Beispiel Hiobs erfahren wir, dass nicht nur das Schöne und Angenehme in unserem Leben, sondern auch das für uns unverständlich Schwere vom himmlischen Vater zugelassen wird. Und nicht nur, wie bei Davids Verfehlung gegenüber Uria (s. 2.Samuel 11), wenn wir schuldig geworden sind. Oft ist es so, dass wir unsere eigenen Wege gehen und uns nicht um die Meinung des himmlischen Vaters zu unseren Vorhaben kümmern. Dann bewegen wir uns oft auf einem Holzweg und der führt uns mitten in den Wald. Mit einem Mal geht es mit unseren Plänen nicht mehr weiter und wir fangen an zu verzweifeln. Die Folge: „Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir, darum gedenke ich an dich …“ (Psalm 42, 7).

Wie ein Verdurstender, dem die Zunge am Gaumen klebt, in der trockenen Einöde nach Wasser stöhnt, so „dürstet meine Seele nach Gott“ – unser Monatsspruch. Und zwar nach dem lebendigen Gott, nicht nach einem leblosen Götzen, einem Talisman oder Glücksbringer. Nein, meine Seele sehnt sich nach Jesus Christus, dem von den Toten Auferstandenen, dem Sohn des himmlischen Vaters, meinem Herrn und Bruder. Nur von ihm kann mir wahrhaft Trost und Hilfe kommen, nur er versteht mein Elend, meinen Kummer, denn er, mein Heiland, hat alles am eigenen Leibe verspürt. Er weiß, wie er helfen kann und lädt mich noch heute ein: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Matthäus 11, 28).

Ihm allein kann ich vertrauen, an ihn allein kann ich glauben, zu ihm allein will ich gehen.

Ulrich Lorenz, Berlin