Andacht Mai 2025
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.
Hebräer 11, 1
Sie ist ein berühmter Satz, die Bibelstelle, die uns für diesen Monat als Losung vorangestellt wird. Aber was sagt sie eigentlich aus über den Glauben der Christen?
Man kann diesen Satz nämlich auch anwenden auf Sätze wie „Die den Kern bildende Kraft, die unsere Sache führt, ist die Kommunistische Partei Chinas. Die theoretische Grundlage, von der sich unser Denken leiten lässt, ist der Marxismus-Leninismus.“ Das ist der erste Ein-trag in der „Mao-Bibel“ - so nannte man Ende der sechziger Jahre die von den Roten Garden in China veröffentlichten „Worte des Vorsitzenden Mao Tse-Tung“. Diesen Glauben im Her-zen und das in einen roten Kunststoff gebundene Büchlein in der Hand, zogen sie durch Chi-nas Städte und Gemeinden und drangsalierten öffentlich Intellektuelle, Beamte, Lehrer und sonstige „Klassenfeinde“. Damit haben sie damals nicht nur in China Furcht und Schrecken verbreitet. Sie hielten die Worte des Vorsitzenden Mao für die absolute Wahrheit.
Jesus sagt zu seinem Jünger Thomas und zu uns: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Johannes 14, 6) Und: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Johannes 14, 1) Jesus spricht uns mit dieser Aufforderung direkt im Zentrum unseres Herzens an. Zwar toben heute keine Roten Garden mehr durch die Meldungen von Zeitung und Fernsehen - friedvoller ist die Welt aber nicht geworden. Schmerzhafter, weil unserem Inneren näher, ist unsere Furcht vor Arbeitslo-sigkeit und unheilbarer Erkrankung.
„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Matthäus 11, 28) lädt uns Jesus ein. Und er fährt fort: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ (Matthäus 11, 29-30)
Der Apostel Petrus tröstet uns über die vielleicht schockierenden Worte „Joch“ und „Last“, („Mein Leben ist schwer genug, mein Sorgenpaket drückt mich gewaltig, da kann ich keine zusätzlichen Belastungen gebrauchen.“) hinweg und beruhigt uns: „Alle Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch,“ ist sein Rat an die Christenheit, der er seinen ersten Brief schreibt und damit auch uns (1. Petrus 5, 7).
Jesus vergleicht die Schar seiner Anhänger mit Schafen, die von ihm umsorgt und behütet werden müssen. „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen. ... Ich bin der gute Hirte und erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen, wie mich mein Vater kennt und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. ... Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ (Johannes 10, 11.14-15.27-28a)
Es kommt also nicht darauf an, ob man glaubt - das taten auch die Roten Garden. Es kommt vielmehr darauf an, woran man glaubt, auf wen man hört, wem man folgt. Für Christen ist Jesus der Heiland der Welt. Er hat am Kreuz alles weggeräumt, was Menschen von Gott trennte. Zwar können wir Jesus jetzt nicht sehen, aber wir haben die „feste Zuversicht“ und „zweifeln nicht“ daran, dass er lebt, wie ein guter Hirte stets liebevoll und treu für uns sorgt und bei uns „ist alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28, 20). Das war sein Abschied bei seiner Himmelfahrt, als er vor den Augen seiner Jünger auffuhr zu seinem Vater.
Ulrich Lorenz, Berlin