Andacht Dezember 2024
Ich will euch erlösen, dass ihr ein Segen sein sollt. Fürchtet euch nur nicht und stärkt eure Hände.
Sacharja 8, 13
„Denn es mag ein Gläubiger von allen Dingen Gelegenheit nehmen, seinen lautern Sinn in Christo zu wecken und zu stärcken. Kommen hohe Feyertage (welche man deßwillen so nennet, weil die höchsten Wohlthaten Gottes an denselben öffentlich verkündiget und betrachtet werden) ... da labet und erquicket er sich recht in der Betrachtung der göttlichen Wohlthaten, findet Freude und Wonne darin und wird so kräftig dadurch gestärcket als wann er neu geboren wuerde. Dergestalt wird ihm Weyhnachten ein rechtes Weyhnachten, Ostern ein rechtes Ostern, Pfingsten ein rechtes Pfingsten.“ So leitet der Pfarrer und Apotheker August Hermann Francke seine Predigt zum 4. Januar 1713 ein. Kein Jammern und Klagen, allein gute und froh machende Gedanken. Keine Rede von Stress, Geschenkwettstreit, Hektik. Weihnachten als Fest der Geburt Jesu Christi, des Sohnes des allmächtigen Gottes, ist für ihn als Christen allein ein Anlass zur Stärkung und zur Freude.
Es ist das Fest der Erlösung. Denn mit Jesus kommt die Befreiung der Menschen vom Zwang der ohne ihn unauflöslichen Reue für begangene Sünde. Das ist und war dem Christen eine Wohltat Gottes. Er wird dadurch fähig, seine ganze Kraft auf die Aufgaben zu lenken, die vor ihm liegen. Er braucht nicht zurückzuschauen, denn er weiß, dass auf seiner Vergangenheit die Vergebung durch Jesu Opfer liegt. Der Gläubige braucht auch nicht sorgenvoll nach vorne zu sehen, denn er weiß sich geborgen und geführt durch seinen himmlischen Vater. Er kann also sich ganz auf die direkt vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren.
Und so schafft er etwas. So wie August Hermann Francke. Er hat aus kleinsten Anfängen mit geringen Mitteln und gegen manche Widerstände aus dem Nichts eine große soziale Einrichtung geschaffen, bestehend aus Waisenhaus, Krankenhaus und Apotheke für die Armen, Schule, Theologenseminar, ... Die Aufzählung würde den Rahmen dieser Andacht sprengen. Noch heute, nach dreihundert Jahren, ist seine naturkundliche Sammlung, die er für den Unterricht zusammentrug, trotz der Verluste aus Krieg und - vor allem: DDR-Feindschaft - die größte private in Europa.
Jeder Mensch kann etwas von dieser Kraft spüren, die ihm zufließt, dieser Freiheit, die ihn durchdringt, sobald er sein Leben nicht mehr selber steuern will, sondern es vertrauensvoll in die Hände Jesu legt. Dessen Geburt ist der Beginn der Erlösungstat, die uns Gott durch den Propheten Sacharja ankündigt. „Fürchtet euch nur nicht“ sagt er uns, und meint damit unser banges Herz, das sich scheu fragt, ob es denn wirklich darauf vertrauen kann, dass Gott alles gut leiten und lenken wird. „Fürchtet euch nicht“ wird den Hirten auf dem Felde in der Weihnachtsnacht zugerufen von den Engeln, damit ihre Scheu sie nicht darin hindert, das Wunder der Geburt Christi persönlich zu schauen und zu erleben.
„Die Hirten gingen dann wieder zu ihren Herden zurück. Sie priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten. Es war genau so gewesen, wie der Engel es ihnen gesagt hatte.“ (Lukas 2, 20) So auch wir, wenn wir das Weihnachtswunder in uns erlebt haben, wenn Jesus die Herrschaft unseres Herzens übernommen hat.
Ja, Gott hat seine Worte wahr werden lassen. Er hat uns erlöst. Er hat uns frei gemacht von uns selbst, von der Gier und den Ängsten in uns, die unser Leben einengten und verkrampften. Er hat uns Kraft gegeben. Dank sei ihm und Lob für seine väterliche Güte!
Wahrhaft frohe Weihnachten!
Ulrich Lorenz, Berlin