Andacht März 2024
Jesus Christus spricht: Ihr habt nun Traurigkeit;
aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen,
und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
Johannes 16, 22
"Dunkel, Herr, ist deiner Worte Sinn!" So sprechen die Jünger untereinander, denen Jesus am Vorabend seiner Hinrichtung Erklärung und Trost geben will: Erklärung der dramatischen, für die Jünger katastrophalen Ereignisse, die vor ihnen liegen, und Trost, damit sie nicht vor Verzweiflung zerbrechen an dem, was sich da vor ihren Augen abspielen wird.
Aber die Jünger verstehen ihn nicht. Er sagt ihnen: "Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen." (Johannes 16, 17 b) Und sie rätseln "Was meint er damit?" Dabei hat es Jesus ihnen schon mehrmals gesagt. So z.B., als sie vor einiger Zeit in Galiläa waren, um den Leuten das Evangelium, die Frohe Botschaft, zu predigen (Matthäus 17, 22).
Man bekommt den Eindruck, die Jünger wissen sehr wohl, wovon Jesus redet: sie wollen ihn nicht verstehen! Sie hatten auf ihn als Messias gesetzt. Der Messias aber ist nach der alten jüdischen Überlieferung ein Gewinner, ein Sieger, ein Held. Ihm hatten sie sich angeschlossen, mit ihm wollten sie künftig herrschen, wie er ihnen ja auch versprochen hatte (vgl. Matthäus 19, 28). Allerdings hatte er auch darauf hingewiesen, dass die Ämterverteilung nicht zu seinen Kompetenzen gehöre, sondern allein seinem himmlischen Vater obliege (vgl. Matthäus 20, 21). Aber immerhin: auch wenn sie sich noch nicht auf einen bestimmten Thron freuen durften, sie fühlten sich auf der Sonnenseite, sie hatten sich mit dem künftigen Herrscher verbündet. Und nun die Ernüchterung: es ist ein harter Weg der Erniedrigung, den Jesus zu gehen hat, und den sie mitgehen müssten, wollten sie sich nach wie vor zu Jesus halten. Davon wollten sie lieber nichts wissen.
Wem von uns ginge es nicht genauso? Wollen nicht auch wir eher zu den Strahlemännern des Lebens gehören, als zu den Verlierern? Erwarten wir nicht von unserer Zuwendung zu Jesus, dass von nun an alles besser wird in unserem Leben? Sollte diese Annahme ein Irrtum sein?
Und nun das! Da sagt dieser Jesus seinen Jüngern zum wiederholten Male - und diesmal scheint es wirklich nicht nur eine Ankündigung zu sein - dass er in Kürze verhaftet, gefoltert und hingerichtet werde! Und da bleibt der auch noch ruhig, denkt offenbar überhaupt nicht daran, wie er dem entgehen kann, was ihm da droht! Hat er keine Angst? Empfindet er keinen Schmerz?
Es ist für die Jünger wie für uns kaum begreiflich, dass Jesus sowohl Angst und Schmerz empfindet, wie wir, und trotzdem, um sein Schicksal wissend, nicht an Flucht oder Gegenwehr denkt. "Ich gehe zum Vater." (Johannes 16, 17 b) sagt er. Der Vater, der ist es, dem Jesus gehorcht, dessen Willen er über den eigenen Willen setzt. Wenn der Vater es will, ist Jesus bereit, Schmerz und Schmach auf sich zu nehmen.
Der Vater, der himmlische Vater, ist ein liebender und gütiger Vater, das hat Jesus immer und immer wieder betont. Und wenn dieser liebende, gütige Vater es für Jesus und die Welt für richtig hält, ihn zu opfern, dann geht Jesus den ihm zugedachten Weg. Mit Zittern und Zagen zwar - aber er geht ihn im Vertrauen auf den Vater, bei ihm auch im Schwersten geborgen zu sein.
Er gibt damit uns ein Beispiel, wie wir leben können. An Jesu Verhalten am Abend vor dem Karfreitag, dem Tag an dem er am Kreuz sterben wird, können wir uns ein Beispiel nehmen: wann immer unser Kreuz uns drückt, ob es die heillose Krankheit in unserem Körper ist oder das unschuldige Leiden unseres Kindes, was auch immer: wir können zwar fassungslos vor dem Schrecklichen und vor Angst erstarren. Unser Vertrauen setzen wir gleichwohl in die liebende Führung unseres himmlischen Vaters, auch und gerade dann, wenn er uns für uns unbegreifliche Lasten und Schmerzen auferlegt, uns harte Wege führt. Wir wissen, es wird ein gutes Ende nehmen.
Und dann stoßen wir hindurch durch den Schleier der Verzweiflung, dann erfüllt plötzlich - manchmal auf Dauer, oft wenigsten vorübergehend - eine wahrhaft himmlische Ruhe unser Herz. Und dann erfüllt uns Freude, die niemand von uns nehmen kann, es sei denn unser eigener Kleinglaube macht sich bemerkbar. Doch je öfter wir zu Jesus um seinen Beistand bitten, umso leichter werden wir wieder ruhig und froh. Auch im Leid.
Karfreitag und Ostern liegen vor uns. Denken wir daran, wie aussichtslos den Jüngern das Schicksal Jesu am Karfreitag vorkam, wie verzweifelt sie waren, um der zerstörten Hoffnungen und Träume willen und vor Angst, die jüdische Obrigkeit könnte auch ihnen ans Leben wollen. Und wie strahlend war der Ostertag, an dem Jesus als Auferstandener vor seinen fassungslosen Anhängern erschien. Hat Gott nicht damit bewiesen, dass Jesus ihm gegen allen äußeren Schein vertrauen konnte? Ist das nicht Beweis für uns, es Jesus darin gleich zu tun?
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest. Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!
Ulrich Lorenz